Selbstbau technischer Geräte - Hobby und Berufung
Das Kriterium der Wahrheit ist die Praxis !
Zu dieser Thematik - mitunter gern als "Homebrew" bezeichnet, gibt es jede Menge Literatur. Allerdings ist
die zumeist sehr fachspezifisch ausgelegt, deshalb möchte ich an dieser Stelle eine praxisbezogene und unkomplizierte
Hilfestellung für Einsteiger anbieten.
Selbst- oder Eigenbau ist nach wie vor die beste Möglichkeit, Theorie und Praxis miteinander zu verknüpfen. Sowohl Bausätze als
auch eine Zusammenstellung von Teilen nach eigenen Vorstellungen bieten die Möglichkeit das eigene Wissen und die
eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit Werkzeug und Material stetig zu erweitern.
Apropos Theorie: Grundkenntnisse, beispielsweise was die identifizierung von Bauteilen und das Lesen einer Schaltung betrifft,
sollten vorhanden sein, bevor man sich an einen Nachbau wagt.
Was benötigt man an Werkzeug und Ausrüstung ?
Nun, das hängt erstens vom Umfang der geplanten Projekte und zweitens auch von den eigenen
Fähigkeiten und räumlichen Möglichkeiten ab. Zum Aufbau kleinerer Bausätze genügt bereits eine einfache
Lötausrüstung und ein wenig Zubehör.
Möchte man anspruchsvollere Projekte verwirklichen, kommt man nicht umhin, sich eine Grundausstattung
an Werkzeug zuzulegen
- Seitenschneider, Flachzange, Rundzange, Kombizange, 2 Pinzetten(grob/fein)
- 1 Satz Schraubendreher, Hammer 250 g, Laubsäge samt Ersatzblätter
- Körner, 1 Satz Feilen (rund/flach/halbrund), kleiner Schraubstock
- Stahlmessband, Cuttermesser, Abisolierzange, Arbeitshandschuhe
- Lötkolben nebst Zubehör, kleine Handbohrmaschine
- Bohrersatz 0,8/1,0/1,2/1,5/2,0/3,2/4/5 mm
- T-Griff mit Bitsatz, Arbeitsplatte - mindestens in der Größe A3
Man muss das ja nicht alles auf einmal kaufen. Es gibt im Internet und bei den Ortsverbänden des
DARC genug Möglichkeiten Werkzeug und Material kostengünstig zu erwerben. Einer weiteren
Vervollkommnung dieses Arsenals steht natürlich nichts im Wege, zumal man viele dieser Werkzeuge
auch im Haushalt hin und wieder gut gebrauchen kann.
Bauteile
Jeder Elektroniker benötigt natürlich ein gewisses Bauteilsortiment und kauft, genau wie eine gute
Hausfrau, auf Vorrat.
Keine Gelegenheit wird ausgelassen und schnell tritt ein interessantes Phänomen auf: Die Teile
scheinen sich auf wundersame Weise zu vermehren.
Es wird also irgendwann erforderlich ein Ordnungssystem einzuführen. Schließlich nützt es
herzlich wenig, wenn man zwar weiß dass man das gesuchte Teil hat, aber die Suche aus
Zeitgründen abbrechen muss...
Wie also ordnet man die vielen Einzelteile so, daß man sie "zeitnah" wiederfindet ? Ganz einfach: Nehmen Sie
sich den Katalog eines professionellen Händlers zur Hand. Suchen Sie dort die Rubrik Bauteile auf und
nehmen Sie das System im Katalog als Muster.
Ganz wichtig: Beschriften Sie Ihre Schachteln, Tüten und Schubladen ordentlich, denn irgendwann zahlt sich das
garantiert aus !
Messgeräte
Das wichtigste Messgerät in der Elektronik-Hobbywerkstatt ist das Multimeter. Ein
Gerät in der Preisklasse um die 20 bis 30 € reicht für den Anfang vollkommen aus.
Zur Signalverfolgung eignet sich ein kleiner NF-Signalgenerator. So etwas kann man beispielsweise als erstes
Bastelprojekt in Angriff nehmen.
Ein Oszilloskop gehört bereits zur gehobenen Ausstattung. Es wird überwiegend zur
Signalverfolgung benötigt und leistet sehr gute Dienste bei der Beurteilung der Signalform.
Die Vielfalt der angeboteten Geräte ist enorm.
Meine Empfehlung: Ein Oszilloskop mit 10 bis 20 MHz Grenzfrequenz ist für die meisten Aufgaben
ausreichend, wobei es durchaus auch ein Gebrauchtgerät sein kann.
Bei der Arbeit an HF-Schaltungen wird irgendwann der Wunsch nach einem Frequenzmessgerät
aufkommen. Auch hier gibt es sehr viele Möglichkeiten, angefangen von Kombigeräten, das sind z.B. einfache in
Multimeter integrierte Zähler, bis hin zu PC-gestützten Messplätzen.
Da Frequenzen eher selten zu messen sind, genügt ein handliches Laborgerät mit 6 bis 8
Stellen. Wichtig ist, dass es über einen Vorverstärker verfügt. Billiggeräte mit
TTL-Pegeleingängen sind ungeeignet, es sei denn man baut einen separaten Vorverstärker dazu.
Die Messgenauigkeit eines Eigenbauzählers (u.a. als Bausatz von mir angeboten) reicht für
nahezu alle Anwendungen im Amateurlabor aus.
Die Stromversorgung
Wer sich ernsthaft mit dem Selbstbau elektronischer Geräte befassen möchte, kommt um eine solide
Stromversorgung nicht herum. Das wichtigste ist ein Labornetzteil mit regulierbarer Spannung und
Strombegrenzung. Ein Spannungsbereich bis ca. 30 V und eine Strombelastbarkeit von 3 bis 5 A sind für
den Anfang ausreichend.
Solche Netzteile gibt es in großer Auswahl zu kaufen und Selbstbau lohnt sich deshalb nur in
Ausnahmefällen, etwa bei sehr hohen Strömen bzw. Spannungen.
Bei den Netzteilen unterscheidet man zwischen Schaltnetzteilen und konventionellen Trafonetzteilen mit
sogenannten Längsreglern.
Natürlich besitzten auch Schaltnetzteile einen Trafo, doch dieser besteht nicht aus Eisenblechlamellen,
sondern aus Ferrit.
Beide Typen haben ihre Vor- und Nachteile. Schaltnetzteile sind aufgrund ihres Aufbaus (kleinerer Netztrafo)
wesentlich leichter als ein konventionelles Netzteil gleicher Leistung und besitzen einen höheren
Wirkungsgrad.
Allerdings produzieren sie auch immer einen gewissen Hochfrequenz-Störnebel.
Arbeitet man viel mit HF-Baugruppen, also z.B. empfindliche Kurzwellen oder Mittelwellenempfänger, wird
man ein konventionelles Trafonetzteil schnell zu schätzen wissen.
Der Selbstbau von Netzteilen muss dem Fachmann vorbehalten bleiben ! Die sich
hier unter Umständen ergebenden Gefahren werden von Einsteigern vielfach unterschätzt !
Wer sich dennoch mit dem Gedanken trägt ein Netzgerät selbst zu bauen, muss die
netzseitige Installation von einem Fachmann prüfen lassen !
Experimentelle Aufbauten
Hier haben sich im wesentlichen zwei Hauptrichtungen durchsetzen können: Das klassische
Experimentierbrett, wozu auch Steckbretter gehören, und die Lochrasterplatine. Der
Begriff "Brettschaltung" resultiert nicht von ungefähr.
Ein solches Hilfsmittel ist auf einfache Weise schnell zusammengebaut und wird dem Nutzer über lange Zeit
gute Dienste leisten.
Das Foto zeigt ein solches Brett in der Minimalvariante, hier mit Lötösenleisten versehen.
Natürlich kann man das ganze noch ausbauen - etwa mit einer Frontplatte.
Verschiedene Schalter, Potis, LED und Buchsen machen es dann zum universell verwendbaren Instrument bei der
Schaltungsentwicklung und Überprüfung.
Anwendungsbeispiel: Man findet in irgendeiner Zeitschrift oder anderen Quellen eine interessante Schaltung, die
man schnell ausprobieren möchte. Ein Platinenlayout ist nicht vorhanden, also müsste man selbst eine
Platine entwerfen.
Das kostet neben Zeit auch Material, wobei nicht verschwiegen werden soll, dass die
Selbstherstellung von Platinen viel Erfahrung verlangt. Außerdem ist noch zu bedenken, dass unklar
ist, ob die Schaltungsfunktion am Ende den Vorstellungen wirklich entspricht.
Deshalb mein Rat: Ist das Projekt nicht allzu umfangreich und mit Standardbauteilen aufgebaut, kann
es zunächst auf dem Experimentierbrett getestet werden.
Das Aufbauen geht auch ohne viel Übung schnell von der Hand, Korrekturen sind bei Bedarf rasch möglich und
man lernt eine Menge über die Schaltungsfunktion. Aber das beste daran: Nach dem Ablöten der Teile
kann man das Brett (und meistens auch die Teile) für andere Projekte wieder verwenden.
Bei Lochrasterplatinen ist das nicht ganz so einfach, aber sie sind zweifellos die elegantere
Lösung. Vor allem wenn mehrere IC´s eingesetzt werden, oder die Schaltung komplexer ist,
stößt man mit Lötösenleisten schnell an Grenzen.
Die nebenstehenden Fotos verdeutlichen die Problematik: Dargestellt ist der Aufbau einer
Empfängerbaugruppe (zum Vergrößern auf das Bild klicken). Links sieht alles noch ganz
manierlich aus. Die Platinenunterseite (rechts) zeigt dan interessante Beipass-Variationen aus Zinn und
Draht...
Nichts desto trotz funktionierte die Baugruppe hervorragend und wurde später auf eine "normale"
Platine umgesetzt.
Links ein weiteres Beispiel: Ein Stück Lochrasterplatine ist mit verschiedenen IC´s
kunstvoll bestückt. Auf der anderen Seite befinden sich die zugehörigen LED 7-Segment-Anzeigen.
Die Verdrahtung ist größtenteils "fliegend" ausgeführt und die IC´s wurden ohne Fassungen
und zum Teil übereinander eingebaut.
Natürlich ist ein solcher Drahtverhau nichts für das Auge von Ästheten. Aber an dieser Stelle
erfüllt er vollauf seinen Zweck. In diesem Fall ist es die Anzeigeeinheit für einen 6-stelligen
Frequenzzähler. Auch dieser wurde später erfolgreich auf einer Standardplatine "verewigt".
Eine andere ebenfalls weit verbreitete Methode ist der Aufbau von Schaltungen auf durchgehenden Oberflächen.
Dazu genügt ein Stück Platinenmaterial - möglichst auf Glasfaserbasis. Besonders wenn kleine
HF-Schaltungen zu testen sind, ist diese Variante in Punkto Zeitaufwand nahezu unschlagbar.
Die Kupferfläche dient als Masse und als Lötstützpunkte kann man z.B. Abblock C´s
verwenden. Der Rest der Schaltung wird dann dicht über der Platinenoberfläche
aufgebaut.
Das ganze mag auf den ersten Blick tatsächlich ein wenig primitiv anmuten, aber ich habe auf diese Weise schon
komplette Kurzwellentransceiver bis hin zum 6m-Band erfolgreich als Prototyp aufgebaut.
Diese Methode vereinigt gewissermaßen die Lochraster- und Lötösenvariante. Man erhält
sehr stabile und übersichtliche Baugruppen, die Bauteile sind unkompliziert auszuwechselbar und
Abschirmungen kann man ebenfalls recht einfach realisieren.
Außerdem wird das bei HF-Baugruppen (leider) immer auftretende Masseproblem infolge der durchgehenden
Oberfläche eliminiert.
Steckbretter sind bei HF-Baugruppen nur bedingt brauchbar. Sie lassen sich aber als Ergänzung z.B. für
den NF-Bereich (Mikrofonverstärker, Filter und NF-Verstärker) oder auch Digitalbaugruppen sehr
effizient nutzen.
Außerdem kann man damit schnell einmal eine Prüfschaltung zur Klassifizierung von Bauteilen aufbauen.
Natürlich gibt es auch eine Vielzahl Simulationsprogramme für den PC. Der
Vorteil solcher Anwendungen ist, dass sich damit schaltungstechnische Vorgänge darstellen lassen,
ohne auch nur ein Gramm Lötzinn zu verbrauchen.
Das kann bei HF- oder sehr komplexen digitalen Schaltungen ein Vorteil sein. Ob die Schaltung aber den
Praxistest bestehen wird, lässt sich am PC leider nicht prüfen.
...wird fortgesetzt